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Ein Tierschutzhund zieht ein -
so gewöhne ich Pepsi an unser Leben in einem deutschen Haushalt

Was bedeutet "Ich lasse Pepsi erst einmal ankommen"? 

Ankommen lassen bedeutet für viele Hundemenschen, den Hund erst einmal in Ruhe zu lassen. Und wenn er irgendetwas macht, dann eben auch. Egal ob es sich um Dinge handelt, die okay sind - oder Dinge, die für uns später nicht okay sind. 

Und wenn der Hund dann angekommen sein soll, wendet sich das Blatt. Es werden Dinge bestraft, die vorher noch okay waren. Es werden Anforderungen gestellt, weil jetzt ist der Hund ja angekommen. Und dankb

ar. Dabei ist gerade das enorm verwirrend und verunsichernd für deinen Hund und hat nichts mit Beziehungsaufbau und Vertrauensaufbau zu tun.

Ankommen lassen bedeutet:

  • Ich schaue, wohin der Hund flüchtet und richte dort Wassernapf, Decke ein, so dass es bequem ist.
  • Ich sage, was ich mache!
    • "Schau mal Pepsi, ich bringe dir dein Frühstück!"
    • "Achtung, ich sauge jetzt die Wohnung!" (und spare das Zimmer aus, in dem sich Pepsi aufhält)
    • "Ich mache jetzt die Wäsche!" (steht halt im Schlafzimmer, mein Körper ist abgewandt zu Pepsi und ich hänge vorsichtig die Wäsche ab)
  • Wohnung / Situationen so gestalten, dass kein unerwünschtes Verhalten entstehen kann
    • Darf dein Hund wirklich nicht auf die Couch (sehr schade 🙃), dann sorge für bequeme Orte vor / neben der Couch
    • Dinge anknabbern, die dir wichtig sind, wegräumen und viele Alternativen aufstellen
  • Viele Ruhezeiten, nicht ständig schauen, was der Hund treibt (auch wenn es schwer fällt)
Sicherheit geben bedeutet Erwartungen verknüpfen

Pepsi weiß nicht, wie es ist, in einer Wohnung gewollt zu sein. In Portugal dürfen Hunde oft nicht in der Wohnung leben und werden von ihren Menschen wirklich übel behandelt. Pepsi ist in der Wohnung sehr ängstlich, erschrickt wegen jedem Lüftche

 

n und ist immer auf Hab Acht. 

Hunde sind wahre Vokabellerner! Auch hier rede ich viel. Dabei labere ich nicht irgendwelchen Schwachsinn, sondern gebe klare Infos. Sie lösen trotzdem Angst aus - im ersten Moment.
Aber kündige ich sie rechtzeitig an, ist der Fluchtreflex deutlich weniger. 

Außerdem bauen wir Rituale auf:

  • Ich bleibe trotz Urlaub in meinem Arbeitsalltagsrhythmus: Ich stehe früh auf, ich mache erst meinen Kram, dann geht es nach dem Frühstück Gassi, dann ist Ruhezeit, dann wieder aktive Hundezeit, dann Kuscheln und Dinge machen in der Wohnung, dann wieder Ruhezeit, weil ich arbeite... Das schlimmste, was du tun kannst ist, deinen Hund ein ganz anderes Leben vorzugaukeln, als das, was dann kommt. Wenn du deinen Urlaub auskostest, lange schläfst und so anders lebst als sonst, dann wirkt sich das auf deinen Hund negativ aus:
    • dein Hund wird völlig verunsichert sein, wenn du morgens plötzlich hektisch wirst
    • draußen wird wieder stressig sein, weil du nicht so viel Zeit investierst wie sonst
    • Trennungsstress wird vorprogrammiert sein, bzw. deinem Hund wird es deutlich schwerer fallen, alleine zu bleiben, als wenn er direkt lernt, dass es Zeiten gibt, bei denen du für dich bist
  • Wir gehen zur selben Zeit raus - wir füttern zur selben Zeit - so langweilig wie möglich
    • Für Pepsi ist das Anziehen ihres Geschirrs echt eine Horrorshow - aber sie kann sich darauf einstellen. Durch diese Erwartungssicherheit passiert Loslassen / Entspannung
    • Sie weiß, dass sie versorgt wird und nicht hungern muss
    • Langeweile tut ängstlichen Hunden enorm gut
Wir strukturieren unser Gassi

Wir haben zur Zeit 2 Strecken: Eine kleine für die warme Mittagszeit und eine erste kleine Runde, die abgelegen ist, mit viel Wiesen, Weinreben, kaum bedrohliche Reize. Das reicht völlig aus! Wir müssen noch nicht unserem Hund stolz unsere tolle Umgebung zeigen. Dein Hund darf erst einmal ankommen und lernen, was Gassigehen bedeutet.

Natürlich nimmt Pepsi noch kein Futter. Und wenn Radfahrer, Männer, Traktoren kommen, dann möchte sie flüchten und man muss wirklich aufpassen, die Leine gut zu halten. 

Trotzdem biete ich Futter immer wieder an. Von drinnen kennt sie schon die Signale 

  • "Keks" - Leckerli aus der Hand
  • "Hol's dir" - Ich werfe ihr ein Leckerli zu
  • "Leberwurst" - spricht für sich 

Oft muss ich das Zeug wieder aufsammeln - aber heute, an Tag 4, bleibt sie schon öfter stehen, schnüffelt nach den Keksen, und kommt sogar auf mich zu (!) um sich Leberwurst abzuholen.

Sie rennt auch nicht mehr nur ständig durch, sondern zeigt oft Erkundungsverhalten. Weil sie weiß, was kommt!

Aufs Alleine Bleiben vorbereiten

Echt? Nach nicht mal einer Woche? Ja. Aber total easy!

  • Ruhezeiten, in denen ich mein Ding mache (später ungefähre Arbeitszeit)
  • Ich gehe 15x hintereinander zur Tür, öffne sie, und gehe wieder zurück - manchmal
     gehe ich auch schon kurz vor die Tür
    • dadurch lernt Pepsi, dass ich immer wieder komme und sie sich keine Sorgen machen muss
    • ich übe das, wenn sie eh ihre Ruhe haben möchte und alle Bedürfnisse nach Futter, Umwelterkundung, Neugier, Kuscheln und so weiter erfüllt sind

Also ich bereite vor - mehr nicht!

Hier liegt übrigens die Stolperfalle für die meisten Hundehalter! Sie sind zu anspruchsvoll und das Training wird zu komplex und ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse des Hundes gestaltet - so haben die Hunde beim Alleine Bleiben später oft Stress (bemerkbar oder leise).

Was ich nicht mache, obwohl es empfohlen wird

Pepsi zieht an der Leine wie Sau und ich bin froh, dass sie nur 14kg oder so wiegt. Aber Leinenführigkeit übe ich nicht. Denn ihre Angst und Anspannung macht das Tempo. Vieles ergibt sich, wenn sie ihre Umwelt entspannt erkunden kann, ohne von Ängsten getrieben zu werden.

An der Straße zum Überqueren stehen bleiben. Weil sie eh Angst an der Leine hat. Wenn ich nun noch Zug aufbaue, nur damit sie gesittet die Straße überquert, wird sie meine Nähe weiterhin mit Stress verknüpfen.

Rückruf oder Umorientierung üben. Weil ich ihr draußen und drinnen noch zu gefährlich bin. Wen

n sie mal nach mir schaut, dann biete ich etwas an. Aber für ein zuverlässiges Rückrufsignal muss der Hund gerne zu mir kommen - da sind wir derzeit meilenweit davon entfernt! 

Mich zu Fütterungszeiten immer neben sie setzen. Weil ich gefährlich bin. Weil ich aber möchte, dass Pepsi mindestens 2 Mahlzeiten am Tag in Ruhe futtern kann. Es wird immer empfohlen, sich nah zum Hund zu setzen. Aber dadurch entstehen Konflikte. Auf der einen Seite die Angst vor dir - auf der anderen Seite der Hunger. Wenn du Vertrauen aufbauen möchtest, gib Sicherheit - nicht Konfliktsituationen. Eine Mahlzeit haben wir, mittags, da werden kleine Erkundungsmöglichkeiten geboten. Leckerlis werden in offenen, kleinen Kartons (die riechen nämlich total spannend!) in ihrer Safe-Zone verteilt. Futtern, Erkunden, Bewegen. Wenn es nicht klappt, dann bekommt sie die Leckerlis einfach so. Keine Enttäuschung. Weil: Es kommt alles zu seiner Zeit!

Den Hund überall mit hin nehmen, damit er sich gleich daran gewöhnt. Ich verzichte darauf, denn Hunde sind ein Leben lang lernfähig. Ich warte, bis Pepsi in ihrem Zuhause und nahen Umgebung klar kommt, mir vertraut, entspannt ist - dann geht es weiter. Denn dann verknüpft sie diese Dinge mit dem, was ich möchte: Wohlbefinden. Statt Unsicherheit und Stress!

Lust auf mehr?

Auf Facebook und Insta gibt es derzeit täglich einen kleinen Einblick in unseren Alltag! Schau doch gerne da rein und verfolge, wie Pepsi sich entwickelt, wenn man dem Hund Zeit gibt, mit Belohnungen arbeitet, Bedürfnisse befriedigt!

Wenn du auch Hilfe brauchst, weil euer Start mit deinem Tierschutzhund noch kommt, oder ihr den Start vielleicht holpriger erlebt und nun einige Probleme habt, dann melde dich doch einfach und wir quatschen, wie ich euch helfen kann!

 
 

 Viele Grüße 
Susanne Bretschneider
von
Partner for Paws
Deine Expertin für Hunde aus dem Tierschutz